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2003 integriert Folmer über Frottagen natürlicher Oberflächen organische Struktu-
ren in die teils verwischte, teils grafisch konfigurierte Farbgebung seiner Pastelle.
Holz, dessen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten ihn faszinieren und
das ungefähr zeitgleich über seine Holzschnitte auf Baumstämmen im Rahmen
weltweiter Naturprojekte große Bedeutung für sein Schaffen gewinnt, findet so
nicht nur als Bildmotiv, sondern auch als Material Eingang in seine Malerei.
Der Kreis schließt sich.
Die Flut, mit der er innerhalb seines persönlichen Kosmos dank eines individuel-
len Baukastenprinzips wie ein Getriebener immer wieder neue Bilder kreiert, lässt
sich als selbstreferenzielles System begreifen. Die von ihm hervorgebrachten Er-
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gebnisse gelten per se, aus sich selbst heraus und unabhängig vom Willen des er-
kennenden Subjekts. Allein die Erscheinungen der Dinge können wir mit unseren
Sinnen und unserem Verstand erfassen. Und so obliegt es unseren eigenen Fähig-
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keiten, die Gegebenheiten zu rezipieren und zu deuten. An sich geht es im künst-
lerischen Œuvre Wolfgang Folmers um genau das, was Kunst generell definiert:
eine gestalterische Transformation subjektiv gefilterter Wahrnehmungen in neue
Fakten.
1 Wiederholt formulierte Äußerung Folmers, zuletzt in VIS-À-VIS. Künstlergespräch
mit Wolfgang Folmer und Bettina van Haaren am 10.09.2023 im Rahmen der
Ausstellung Au rendez-vous des amis. SaarArt 2023 in der Modernen Galerie des
Saarland Museums, Saarbrücken.
2 Zur Autopoesis vgl.: Niklas Luhmann: Soziologische Aufklärung, Bd. 6: Die Soziologie
und der Mensch. 3. Auflage Wiesbaden 2008
3 Vgl. hierzu: Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1904). In: https://
textlog.de/1277.html (23.09.2023) – Rudolf Eisler: Kant-Lexikon. Ding an sich (1930).
In: https://www.textblog.de/eisler/kant-lexikon/ding-an-sich (29.09.2023)
o.T., Pastell,
52 86 x 108 cm, 2000 53