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Es ist an der Zeit, das vielfältige und tiefsinnige Œuvre des Künstlers Wolfgang   Folmer hat sein Leben lang vor und neben der Kunst in zahlreichen technisch-krea-
                 Folmer umfassend zu würdigen. Dass das Kunstmuseum Reutlingen zum Schau-   tiven Berufen gearbeitet, die seinen Horizont erweitert haben, ist trotz seiner zeit-
                 platz dieses Ereignisses wird, stimmt mich glücklich. Folmers Kunst ist nicht gefäl-  weilig prekären Verhältnisse viel um die Welt gekommen und beobachtet diese mit
                 lig, ging er doch immer schon abseits vielbetretener Wege. Trotz der verschiedenen  seinem sensiblen, uneitlen Blick. Zuletzt folgten die angespannten Pandemiejahre,
 Einführung      Bildmedien halten zahlreiche rote Fäden seine Kunst zusammen. Da ist zum Bei-  in der er Zeit für die umfangreiche Website und die Digitalisierung seiner Filme

                 spiel eine feinsinnige Ironie, die uns wiederholt begegnet. Oder eine Linearität und  aus den 1990er-Jahren fand. Als ich sein umfangreiches Œuvre sah, war ich sofort
 und Dank        Reduktion der Komposition, die vielen Arbeiten zu eigen sind. Schon frühe Zeich-  überzeugt, eine Ausstellung mit Wolfgang Folmer zu realisieren. Ich danke dem
                                                                                            Künstler von ganzem Herzen – auch im Namen von Anna Katharina Thaler – für
                 nungen und Aquarelle zeugen von Folmers Virtuosität als Zeichner. Um diese Tech-
                                                                                            unsere interessanten Gespräche in Reutlingen, in seiner Backnanger Ausstellung
                 niken zu erlernen, orientierte er sich vor allem an Altmeister-Zeichnungen, besuch-
                 te Museen, um die Vorgänger*innen zu studieren, überprüfte im Aquarell, wie viel  und in seinem Ludwigsburger Atelier, darüber hinaus für seinen unermüdlichen
                 Druck welche Art von Linie benötigt und übertrug dies auf die Bleistiftzeichnung. Im  Einsatz für die Ausstellung und die hervorragende Zusammenarbeit im gesamten
                 Akademiestudium erstellte er sich damit seinen eigenen Lehrplan.           Projekt, die von Vorfreude, Vertrauen, Dankbarkeit und Professionalität geprägt
                                                                                            war. Es war eine wahre Freude, vielen Dank!
                 Folmer arbeitet häufig in Serien. Deren jeweils umfangreiche Anzahl an Werken er-
                 möglicht, unterschiedliche inhaltliche und kompositorische Konstellationen zu ver-  Für die Entstehung und Umsetzung des Ausstellungsprojekts bin ich vielen weite-
                 handeln. Zudem sieht er die Auseinandersetzung mit bestimmten Medien und Mate-  ren Beteiligten zu Dank verpflichtet. Ich danke Bettina van Haaren, dass sie mich
                 rialien früher oder später als abgeschlossen an. 2010 hörte er für einige Jahre auf, zu  auf diese künstlerische Position aufmerksam gemacht hat und danke ihr – auch im
                 zeichnen. Er erkannte, dass das Zeichnen über Jahre beinahe zur Obsession gewor-  Namen des Künstlers – für ihren Einsatz und ihre Unterstützung. Ein großer Dank
                 den war, ihm zur Verarbeitung persönlicher Erfahrungen diente, und löste sich da-  gilt unserem Grafiker Frank Georgy. Die wunderbar gestaltete Publikation ist das
                 von. Das Zeichnen an sich musste überwunden werden. Mit dieser selbstreflexiven  Ergebnis einer langjährigen, vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen ihm und
                 Haltung befragt Folmer seine künstlerischen Schaffensprozesse, die den Anstoß zu  dem Künstler.
                 neuen Ideen geben und die stete Suche nach dem Unbekannten antreiben.
                                                                                            Ich danke Anna Katharina Thaler und Petra Wilhelmy sehr für ihre erhellenden
                 Dreh- und Angelpunkt seiner Kunst ist schlicht und ergreifend: die Realität. Die Rea-  Textbeiträge zur vorliegenden Publikation, die zu einem Verständnis der verschie-
                 lität in all ihren Facetten, in ihren Schönheiten und Grausamkeiten, in ihrer Wahrhaf-  denen Werkgruppen erheblich beitragen und neue Zugänge zu Wolfgang Folmers
                 tigkeit und ihrem Schein, all das ist Folmers „künstlerisches Problem“, dem er sich  Kunst eröffnen. Auch dem Kettler Verlag, Dortmund, insbesondere Lea Szramek,
                 widmet – und dann, gleich dem spielenden Kind, wieder andere Wege einschlägt,  sei herzlich für die produktive und angenehme Zusammenarbeit gedankt. Unserer
                 wenn er der Lösung (zu) nahe kommt. Die scheinbare Harmlosigkeit seiner spiele-  wissenschaftlichen Volontärin Anna Katharina Thaler sei außerdem sehr herzlich
                 rischen Kompositionen verstärkt die menschlichen Abgründe, die sich dort auftun.  für die wunderbare kuratorische Assistenz und bereichernde Zusammenarbeit in
                 Gleich Lewis Carroll’s Alice im Wunderland bewegen sich die Betrachter*innen von  diesem Projekt gedankt.
                 Folmers Bildwelten durch Räume und Landschaften, die von übergroßen Tieren,
                 Gartenzwergen, Kindern, Puppen und Pilzen bewohnt werden. Ein seelischer Bal-  Mein aufrichtiger Dank gilt außerdem dem Team des Kunstmuseum Reutlingen,
                 last, der angehoben wird durch die Unbeschwertheit, oder Heiterkeit, der Bildspra-  ganz besonders Karin Aupperlen, Claudia Failenschmid, Maren Keß-Hälbig, Stefa-
                 che. Folmer tut dies mit der Leichtigkeit, Kraft und Intuition eines Dirigenten. Seine  nie Kogler-Heimburger, Johannes Krause-Schenk, Rainer Lawicki, dem Besucher-
                 Bildkompositionen treiben Dissonanzen in die Höhe. Wie der Dirigent setzt er sehr  dienst sowie unserem Team der Museums- und Ausstellungstechnik mit Günther
                 unterschiedliche Instrumente in seinem Orchester ein, die es gilt, miteinander wahl-  Brändle, Karl-Heinz Dautermann, Gundi Haussmann, Tina Hepper, Resi Kiechle und
                 weise in Harmonie oder Disharmonie zu bringen. Auf Staccato folgt Legato – sei-  Stefan Rahmig unter der Leitung von Ben Feher, sowie allen weiteren Beteiligten,
                 ne Bildserien haben diese Übergänge, das Portato. Die Extreme werden getragen,  die zur Realisierung der Ausstellung und der vorliegenden Publikation beigetragen
                 ermöglichen immer wieder eine Beruhigung des Geistes zwischen aufwühlenden  haben. Ihnen allen einen herzlichen Dank!
                 Szenerien.



                                                                                                                                          Ina Dinter
                                                                                                                                          Leiterin
                                                                                                                                          Kunstmuseum Reutlingen



                 „vor Ort“,
                 Kunstverein Schwäbisch Hall, 2001                                                                                        7
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